Das Weingut Tikveš befindet sich im gleichnamigen Bezirk in Nordmazedonien. Obwohl es sich um ein mittelständisches Weingut handelt, verkauft es seine Produkte in 26 Länder, beschäftigt direkt 216 Mitarbeiter und verarbeitet jährlich über 30.000 Tonnen Trauben, aus denen 78 Weinsorten und sieben Spirituosensorten hergestellt werden.
Im Rahmen ihrer ESG-Strategie (Environmental, Social and Governance) möchte die Weinkellerei Tikveš ein Vorbild für nachhaltige Praktiken werden, positive Veränderungen in der Weinindustrie vorantreiben und gleichzeitig geschäftlichen Erfolg erzielen. Die jüngsten Investitionen konzentrierten sich auf die Minimierung der Umweltbelastung durch die Weinkellerei, darunter die Umsetzung von ESG-Standards, die Installation einer 2,2-MWp-Photovoltaikanlage und die Einführung einer modernen und effizienten Abfüllanlage.
Auf der Suche nach einem neuen praktischen Projekt vereinbarten die vier Energy Scouts Ilina Zafirova, Nikola Jovanovski, Mitko Gjorgjievski und Angel Nikolov einen Brainstorming-Termin mit erfahrenen Ingenieuren und Mentoren von Tikveš. Dabei entstanden elf erste Ideen, wobei die größte Herausforderung die Dekarbonisierung der Rakija-Produktion war.
Hintergrund: Wie wird Rakija hergestellt?
Rakija, Mazedoniens berühmteste Spirituose, ist ein destillierter Alkohol, der in ganz Balkan und Südosteuropa getrunken wird. Bei Tikveš Winery wird Rakija durch Destillation von Wein hergestellt, wodurch ein einzigartiger Geschmack erzielt, und das charakteristische Aroma bewahrt wird. Bei diesem Verfahren wird der Wein unter Verwendung von Dampf schonend erhitzt, um eine präzise Kontrolle zu gewährleisten. Dieser Dampf wird von einem Mazut-Kessel (Schwerölkessel) bei einem Druck von acht bar erzeugt und dann auf den für die Destillation erforderlichen spezifischen Druck und die erforderliche Temperatur reduziert. Die Brennerei verbraucht etwa eine Tonne Dampf pro Stunde. Wenn der Wein verdampft, nimmt er Alkohol und aromatische Verbindungen mit sich; dieser Dampf wird dann zu Kondensat abgekühlt, wodurch die endgültige Spirituose entsteht.
Veraltete Anlagen und Ineffizienzen
Die Weinkellerei Tikveš nutzt derzeit eine alte Brennerei, ein Modell von Hermann aus dem Jahr 1975, die sowohl viel Wärme als auch Wasser verbraucht. Die Wärme wird aus Mazut erzeugt, einem fossilen Brennstoff mit erheblichen Treibhausgasemissionen, weshalb dessen Ersatz Priorität hatte. Wasser wird zur Kühlung und Kondensation des Destillats verwendet. Sowohl bei der Erzeugung als auch bei der Verteilung dieser Energie kommt es zu erheblichen Energieverlusten.
Aufgrund des Alters der Anlagen würde bereits der einfache Austausch des alten Mazut-Kessels durch einen neuen die Emissionen reduzieren. Die Umstellung der Wärmequelle stellt jedoch eine Herausforderung dar, da der Destillationsprozess eine erhebliche Kontrolle erfordert, um die Qualität und die Aromen des Endprodukts zu erhalten.
Identifizierung einer Lösung für erneuerbare Energien
Der Destillationsprozess für Rakija läuft wochenlang rund um die Uhr, sodass eine konsistente und zuverlässige Dampfenergiequelle unerlässlich ist. Die größte Herausforderung der Dekarbonisierung besteht darin, Emissionen durch den Ersatz der primären Energiequelle für die Destillation zu eliminieren. Jede neue Energiequelle muss strenge Kriterien hinsichtlich Zuverlässigkeit, Skalierbarkeit und Investitionskosten erfüllen.
Es wurden mehrere innovative Optionen für erneuerbare Energien in Betracht gezogen, darunter konzentrierte Solarenergie (CSP), Biomasse und Wasserstoff. Alle diese Optionen bieten Potenzial für Energiespeicherung und Effizienz. Ihre größten Nachteile liegen jedoch in der technologischen Reife und der unzuverlässigen Versorgung über das ganze Jahr hinweg. Während die Unbeständigkeit für viele erneuerbare Energien eine zentrale Herausforderung darstellt, waren CSP, Biomasse und Wasserstoff aufgrund des erforderlichen Investitionsumfangs und der daraus resultierenden Unterauslastung für dieses Projekt ungeeignet.
Letztendlich entschied man sich für elektrische Energie, die sowohl aus einem lokalen als auch aus einem externen Photovoltaikkraftwerk (PVPP) bezogen wird. Das Problem der Unregelmäßigkeit wird mit einem Batterie-Energiespeichersystem (BESS) gelöst. Elektrifizierung ist zwar nicht immer die perfekte Lösung, bietet jedoch Flexibilität, Zuverlässigkeit sowie ausgereifte Technologie und Infrastruktur.
Die Lösung: ein neuer Verbraucher und eine neue Energiequelle
Die vorgeschlagene Lösung umfasst den Umbau des alten kontinuierlichen Destillationssystems zu einem Vakuum-Kontinuierlichen-Destillationssystem, das mit einer Hochtemperatur-Wärmepumpe (HTHP) betrieben wird. Die HTHP wird mit Strom betrieben und arbeitet mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad von 2,5 (oder 250 %). Dieser Ansatz elektrifiziert nicht nur den Prozess, sondern macht ihn auch drastisch effizienter, da weniger Energie benötigt wird, um die gleiche Produktmenge in kürzerer Zeit herzustellen.
Etwa ein Drittel der benötigten Energie wird von der bestehenden Photovoltaikanlage auf den Dächern des Unternehmens geliefert. Die restliche Energie wird ebenfalls CO2-neutral sein und von einem neuen 8,83-MWp-Kraftwerk mit einem 20-MWh-Batteriesystem geliefert, das gleichzeitig mit der neuen Brennerei gebaut werden soll. Dieses fast neun MW starke Hybridkraftwerk wird ein Partner der Tikveš Winery sein und rund um die Uhr saubere Energie zu einem wettbewerbsfähigen Preis liefern können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Übergang zu einer Vakuumbrennerei den Energieverbrauch erheblich senken wird. Darüber hinaus ist die Energiequelle selbst dank der von einem HTHP mit 250 % Wirkungsgrad erzeugten Wärme wesentlich effizienter. Durch dieses Projekt wird der Energiebedarf von 3.400 MWh thermischer Energie aus Mazut auf nur 430 MWh elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen reduziert.
Das vorgeschlagene Projekt überzeugte die Jury, dem Team der Tikvesh-Weinkellerei den ersten Platz zu verleihen.
Prozessoptimierung
- Branche: Weingut
- Energiequelle: Mazut (Schweröl)
- Einsparpotenzial: 290 t Mazut
- Wasserersparnis: 16.000 m³ Wasser
- Einsparpotenzial CO2: 744,4 T CO2 pro Jahr
- Einsparpotenzial Kosten: 136.951 € pro Jahr
- Investitionskosten: 1,1 Mio €
- Amortisationszeit: 8,03 Jahre
- Company:
St. 8-mi Septemvri No.5
1430 Kavadarci
Nordmazedonien
https://tikves.com.mk/en/home/



